Die Ballade von der sexuellen Hörigkeit Testo

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Testo Die Ballade von der sexuellen Hörigkeit

Bertolt Brecht
Die Ballade von der sexuellen Hörigkeit
1
Da ist nun einer schon der Satan selber
Der Metzger: er! Und alle andern: Kälber!
Der frechste Hund! Der schlimmste Hurentreiber!
Wer kocht ihn ab, der alle abkocht? Weiber.
Ob er will oder nicht - er ist bereit.
Das ist die sexuelle Hörigkeit.
Er hält sich nicht an die Bibel. Er lacht übers BGB.
Er meint, er ist der größte Egoist
Weiß, daß wer'n Weib sieht, schon verschoben ist.
Drum duldet er kein Weib in seiner Näh:
Er soll den Tag nicht vor dem Abend loben
Denn vor es Nacht wird, liegt er wieder droben.

2
So mancher Mann sah manchen Mann verrecken:
Ein großer Geist blieb in 'ner Hure stecken!
Und die's mit ansahn, was sie sich auch schwuren -
Als sie verreckten, wer begrub sie? Huren.
Ob sie wollen oder nicht - sie sind bereit.
Das ist die sexuelle Hörigkeit.
Der klammert sich an die Bibel. Der verbessert das BGB.
Der wird ein Christ! Der wird ein Anachist!
Am Mittag zwingt man sich, daß man nicht Sellerie frißt.
Nachmittags weiht man sich noch eilig 'ner Idee.
Am Abend sagt man: mit mir geht's nach oben
Und vor es Nacht wird, liegt man wieder droben.
3
Da steht nun einer fast schon unterm Galgen
Der Kalk ist schon gekauft, ihn einzukalken
Sein Leben hängt an einem brüchigen Fädchen
Und was hat er im Kopf, der Bursche? Mädchen.
Schon unterm Galgen, ist er noch bereit.
Das ist die sexuelle Hörigkeit.
Er ist schon sowieso verkauft mit Haut und Haar
Er hat in ihrer Hand den Judaslohn gesehn
Und sogar er beginnt nun zu verstehn
Daß ihm des Weibes Loch das Grabloch war.
Und er mag wüten gegen sich und toben -
Bevor es Nacht wird, liegt er wieder droben.