Nach 50 Jahren Testo

Testo Nach 50 Jahren

Otto Reutter! Ein Rapper sozusagen von einst. In 50 Jahren ist alles vorbei. . . So hat er gesungen sein Couplet. Der erste Weltkrieg war gerade passé. Zu Haus´ hab ich´s später dann öfter gehört von Tante Threse aus dem Klosett, wenn sie mal wieder verlacht und verletzt, gedemütigt war, geschunden, gehetzt. Und vor der geschlossenen Lokus-Tür, da hab ich gehockt, und ich habe ihr auf meinem vergammelten Tambourin laut zugetrommlet und mit ihr geschrie´n: "Nur einmal im Jahr blühet der Mai, und in 50 Jahren ist alles vorbei." Man hat den Refrain damals viel gehört. Ein billiger Trost und oft nur ein Witz. Doch manchmal war er auch mehr als dies. Doch dann, irgendwann, war er plötzlich vestummt, oder er wurd´ nur leise gesummt. Die Nazi´s, die wollten ihn nicht mehr hör´n. Die wollten ja tausend Jahre regier´n. Die hab´n Tant´ Threse umgebracht. Sie holten sie in einer Maiennacht. Und sie rief mir noch zu: "Los, Fränzken, schrei. In 50 Jahren ist alles vorbei." Und als dann der Zweite Weltkrieg begann, da sang es ganz forsch ein junger Mann: Paul Eckhoff - doch schon nach dem Polenfeldzug, da hatte der von allem genug; sang bloß noch das Lied, quatschte nur noch Stuß. Wir haben ihn dann versteckt bis zum Schluß. Der Schluß war ein Tag, eine Nacht im Mai. Wir haben getanzt, die Befreier dabei: Vier Amis, und einer hieß Samy Brown, der sang mit Paul Eckhoff im Morgengraun: "Na, wonderful, jetzt seid ihr endlich mal frei. Paßt auf, sonst ist bald alles vorbei." Das war im Mai 50 Jahre her, und ziemlich viel´ Leute aller Couleur, die grölen ein´n neuen Refrain - diesen Stuß: "Nach 50 Jahren ist endlich mal Schluß." Den alten Refrain, den möchte man brumm´, doch die Kotze im Hals macht einen stumm, weil alles auch bleibt wie es immer schon war, Kostüme nur wechseln und dieses Mal die Kälber, bevor sie ins Schlachthaus renn´, auf Mauern tanzen, vor Rührung flenn´, Und ich hör´ Tant Threse: "Los, Fränzken, schrei, in 50 Jahren ist alles vorbei."